Hanne Diezinger, 71 Jahre

Evangelisches Gesangbuch
Gesangbücher sind Lebensbegleiter auf Papier.
Das Evangelische Gesangbuch ist viel mehr als nur ein Liederbuch, es bietet viel mehr, als nur die Möglichkeit zum Mitsingen. „Seit 1995 heißt das Werk ‚Evangelisches Gesangbuch für Gottesdienst, Gebet, Glaube, Leben‘“, informiert Andreas Schmidt, Referent für Kirchenmusik am Gottesdienstinstitut Nürnberg.
„Die jeweilige Gottesdienstverordnung der zugehörigen Landeskirche, auch Gebete und Texte zum Glauben, hat das Evangelische Gesangbuch zwar schon länger enthalten“, so Schmidt. „Ausdrücklich darauf hingewiesen im Titel wird aber erst seit 18 Jahren.“Angemessen ist das auf jeden Fall. „Denn das Evangelische Gesangbuch ist ein regelrechtes ,Lebensbegleitbuch‘“, unterstreicht Schmidt. „Neben den Liedern bietet es mit seiner Gottesdienstordnung zum Beispiel die Möglichkeit, sich darüber zu informieren, was wann wie passiert in einem Gottesdienst“ – jede Ordnung unterscheidet sich dann natürlich nach den jeweiligen Maßgaben der einzelnen Landeskirche.
„Dazu bietet das Buch viele Texte zu Lebensthemen und Lebensphasen, die jeder Mensch einmal durchmacht – von der Wiege bis zur Bahre“, sagt Schmidt. „Es gibt Gebete für Verliebte, es gibt Gebete für Verlassene – in jeder Situation des Alltags findet man Inspiration oder Trost.“ Anders ausgedrückt: Das Evangelische Gesangbuch ist so angelegt, dass jedermann es in seiner persönlichen religiösen Praxis im Alltag nutzen kann - mit bewährten Formen für Andachten, Gebeten und Alltagsritualen wie Abendsegen und vielem mehr.
Wie die Evangelischen Gesangbücher ihre drei Teile grafisch anbieten, auch das bleibt jeder Landeskirche selbst überlassen. Die bayerischen Lutheraner haben den Liedteil ihres Gesangbuches gelb gestaltet, der Gottesdienstteil ist violett, der Textteil ist mintfarben.
So findet sich jeder schnell zurecht – und im besten Fall genau das, was er oder sie gerade braucht.
Entwickelt hat sich das Evangelische Gesangbuch aus dem „Achtliederbuch“, das im Jahr 1524 auf den deutschen Buchmarkt kam. Es trug den Titel „Etlich Christlich lider / Lobgesang und Psalm“ und repräsentierte die erste deutschsprachige evangelische Liedersammlung - gemeinsam mit dem Evangelischen Chorgesangbuch „Geistliches Gesangbüchlein“ von Johann Walter, einem thüringischen Kantor und dem Erfurter Enchiridion, einem der ersten protestantischen Gesangbücher überhaupt.
Im Laufe der Historie des Evangelischen Gesangbuches hat sich das Gesangbuchwesen immer mehr aufgesplittert, und jede Landeskirche konzipierte mit den Jahren seine eigene Version. Bundesweit gemeinsam ist allen nur eines: der Stammteil aus 535 christlichen Liedern, der aus dem „Achtliederbuch“ von 1524 wuchs und seither in allen Büchern enthalten ist.
Über den weiteren Inhalt dürfen die einzelnen Landeskirchen frei bestimmen. So enthält jedes Evangelische Gesangbuch einer jeden Landeskirche zum Beispiel einen Teil mit „Regionalen Liedern“. In der bayerischen Ausgabe zum Beispiel sind das 134 „Regionale Lieder“.